Markéta Othová: Last Minutes
Die Ausstellung “Last Minutes” präsentiert aktuelle Arbeiten von Andreas Fogarasi und Markéta Othová im Dialog.
Fogarasi zeigt – konzentriert auf die linke Wand des langgezogenen Ausstellungraumes – neue Werke aus der Serie “Nine Buildings. Stripped”, die aus Materialfragmenten abgerissener Gebäude bestehen – Fassadenplatten, Glasscheiben, Fliesen oder Bodenbelägen. In der konzentrierten Beschäftigung mit der Materialität der Stadt, entstehen radikal abstrahierte Portraits spezifischer Orte, die quasi-fotografisch und dokumentarisch sind, aber doch tafelbildhaft an konstruktivistische und konkrete Malerei erinnern. Markéta Othová hat für das kunsthaus muerz eine neue Installation konzipiert, die einzelne Motive aus ihrem umfangreichen Fotoarchiv versammelt. In kleinformatige DIN A5- Hefte gedruckt und auf langen Tischen präsentiert, entsteht aus den eng kadrierten Farb- und Schwarzweissfotos ein fragmentarisches und sehr persönliches Inventar der Welt. Kleine Objekte, Geliebtes, Nutzloses, Vergessenes, Muster, Materialien, Obst – die Bilder evozierten eine scheinbar intime Welt, die doch geprägt ist vom Industriellen und Kollektiven.
Markéta Othová beschäftigt sich in Ihren Arbeiten mit Themen wie Identität und Erinnerung. Oftmals liegt Ihren Werken die Auseinandersetzung mit der Beziehung zwischen persönlicher und kollektiver Erinnerung und wie diese Erinnerung unsere Identität und unser Verständnis von Geschichte beeinflussen, zugrunde.
Ihre Fotografien werden in Form von Bildserien ausgestellt, die eine lyrische Erzählung des Nomadentums darstellen und ihre Reisen zwischen ihrer Heimatstadt Prag und anderen Städten dokumentieren. Es sind eingefangene Momente des Transits: ein Blick aus dem Fenster eines Autos oder eines Zuges oder ein Augenblick, der eingefangen wird, während sie sich schnell durch die offene Landschaft bewegt oder geistesabwesend durch eine Stadtstraße läuft. Die Oberfläche der Realität, eingefangen und eingefroren im fotografischen Bild, bietet Othová eine reichhaltige Grundlage, auf der sie scheinbar unbewusste, aber höchst suggestive Schnappschüsse schafft, die an eine Vergangenheit erinnern, die nur knapp außerhalb der Reichweite der persönlichen Erinnerung zu liegen scheint.
Markéta Othová interpretiert die Fotografie als transparentes Medium, das den Betrachter mit technischer Qualität, Textur und der Realität der Welt konfrontiert.
Markéta Othová (*1968, Brünn), lebt und arbeitet in Prag. Ihre teilweise retrospektiv angelegte Einzelausstellung “Coming Soon” war 2022 in der Nationalgalerie Prag (Veletržní palác) zu sehen. Nach Ausstellungsbeteiligungen bei Camera Austria in Graz (“Milk Drop Coronet”, 2010) und der Galerie Gabriele Senn in Wien (im Rahmen von Curated by Vienna, 2022) ist dies Othovás erste größere Präsentation in Österreich.
Weitere Einzelausstellungen u.a.: Nicolas Krupp Galerie, Basel (zuletzt 2018), Fait Gallery, Brno (2018), Karlin Studios, Prag (2015), Bonner Kunstverein (2012, mit Ed Atkins), Jiří Švestka Gallery, Prag/Berlin (2011/2010), Mücsarnok Kunsthalle Budapest (2007), The Photographer’s Gallery, London (2006), Neues Museum Nürnberg (2004, mit Yoshimoto Nara), Kunsthalle Basel (2000). Zahlreiche internationale Gruppenausstellungen.
Andreas Fogarasi beschäftigt sich in seinen Installationen, Skulpturen, Videos und Fotografien mit dem Akt des Zeigens und der Repräsentation. Er analysiert, wie Orte, Städte, politische Ideen oder historische Ereignisse zu Bildern werden und welche Rolle die Kultur – Kunst, Architektur und Design – in diesem Prozess spielt. Grundlage seiner Arbeiten bildet die kritische Auseinandersetzung mit den Mechanismen politischer Aneignung von visueller Kultur: dem Prozess der Kulturalisierung der Ökonomie – sei es durch „kreative“ Arbeit oder durch Kultur als Motor von Stadtentwicklung und Standortfaktor im Wettbewerb um Touristen, Investoren und Aufmerksamkeit.
Formal aus Minimal Art und Konzeptkunst gespeist, sind Fogarasis Werke dokumentarisch und autonom skulptural zugleich. Das dokumentarische Element ist bewusst brüchig und ruht auf einer präzisen Balance zwischen Information und Offenheit. Der skulpturale Aspekt ist stark von Architektur geprägt und zitiert immer wieder ikonische „Landmark-Architektur“, kommerzielle Inszenierungen oder temporäre Formen von Architektur wie Messestände, Bühnenbauten und Pavillons.
Andreas Fogarasi (*1977, Wien) wurde 2016 mit dem renommierten Otto Mauer Preis sowie 2007 mit dem Goldenen Löwen für seinen Beitrag im ungarischen Pavillon auf der 52. Biennale in Venedig ausgezeichnet. Seine Werke wurden in zahlreichen internationalen Ausstellungen präsentiert, darunter u.a. folgende Einzelausstellungen: Quartz Studio, Turin (2023), Georg Kargl Fine Arts, Wien (zuletzt 2022, mit Mariana Castillo Deball), Kunsthalle Wien, (2019), Galerie Florence Loewy, Paris (2019), Proyectos Monclova, Mexico City (2016), MAK Center for Art and Architecture (mit Oscar Tuazon), Los Angeles, Galerie für Zeitgenössische Kunst, Leipzig, Museum Haus Konstruktiv, Zürich (2014), Trafó Galéria, Budapest, Prefix Institute of Contemporary Art, Toronto (2012), Museo Reina Sofia, Madrid, Ludwig Forum, Aachen (2010), MAK, Wien, Grazer Kunstverein, Graz (2008)
For more information please visit Kunsthaus Muerz.