Museum exhibition

From Gerhard Richter to Mary Heilmann

Klaus Merkel, Walter Swennen
Kunst Museum Winterthur, Winterthur, Switzerland
3 February - 28 April 2024

Abstract Art from Private Collections and the Museum’s Holdings

In the art of the 1980s, the formal achievements of the historical avant-garde became a readily available stockpile of forms that could be copied, varied, or referenced. In this context that relativizes all traditions, one-dimensional artistic stances began to dissolve, opening unforeseen possibilities especially in painting. Initially difficult to identify, the painterly positions, which are not limited to revising or resuming historical styles but are instead expressed as a sort of in-between, linked the autonomous visual language of historical abstraction with reality, ultimately reconciling the avant-garde with the present. In an exemplary manner, artists such as Mary Heilmann countered this “withdrawal from painting” with independent works that eluded both the authoritarian aspirations of modernism and the unambiguous attribution of forms. That is also what Gerhard Richter stands for; he uses both traditions of figuration and idioms of abstraction in his work.

With series by Gerhard Richter, David Reed, and Pia Fries, the Kunst Museum Winterthur has at its disposal artistic approaches that have expanded the possibilities of abstract painting in recent years. For the exhibition From Gerhard Richter to Mary Heilmann: Abstract Art from Private Collections and the Museum’s Holdings, these will be shown in dialogue with exceptional paintings from private collections, including works by Jack Whitten, Bernard Frize, Jonathan Lasker, and Katharina Grosse. These artists have substantially influenced painting since the 1990s and they continue to do so today.

The exhibition will be supplemented with sculptural interventions by the American artist Michael E. Smith.

Curator: Konrad Bitterli

For more information please visit Kunst Museum Winterthur.

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Press
Bilder mit Bildern malen

by Dietrich Roeschmann, Badische Zeitung

Das Kunst Museum Winterthur zeigt Werke von Klaus Merkel Seite an Seite mit Arbeiten von Gerhard Richter und Mary Heilmann. Auch junge Kunstschaffende entdecken gerade die komplexen Bildprogramme des Freiburger Malers.

Die Räume im Neubauflügel des Kunst MuseumWinterthur sind so hell erleuchtet, dass es fast weh tut in den Augen. An denWänden hängt abstrakteMalerei von den 1980er Jahren bis heute. Bilder von Gerhard Richter und Mary Heilmann, von Bernard Frize, Louise Fishman, Jack Whitten – sie alle Stars ihrer jeweiligen Szenen und die meisten von ihnen zugleich skeptisch gegenüber jeder Form desMalerheldentums.

Neben einem bodentiefen Fenster, durch das der trübe Nachmittag in den Saal dämmert, leuchtet ein Großformat in Grün und Weiß. Zwei schwarze Linien pflügen sich parallel vom oberen Rand über die Bildmitte hinaus, begrenzen ein unscharfes Feld in verwaschenem Khaki-Olive. Irgendwann habe er die Bilder dieser Serie einfach „Batterien“ genannt, sagt Klaus Merkel – aufgeladen mit Entscheidungen aus früheren Werkphasen, mit dem unermüdlichen Nachdenken über die Malerei, über die Unmittelbarkeit und Vermitteltheit ihrer Bilder, und zugleich bereit, ihre Energie einzuspeisen in künftige Bildprogramme.

Erstmals zu sehen war das Bild aus Winterthur 1989 in der New YorkerMassimo Audiello Gallery. Merkel, 1953 in Heidelberg geboren, hatte in den 1970er Jahren an der Freiburger Außenstelle der Kunstakademie Karlsruhe bei Peter Dreher Malerei studiert. In den späten Achtzigern war er dann an mehreren wichtigen Ausstellungen beteiligt. Im Kassler Fridericianumetwawaren seineArbeiten zusammen mit den erstmals in Deutschland gezeigten Skulpturen von Jeff Koons zu sehen. In Düsseldorf ordnete er sämtliche Bilder seiner Soloschau „freundlich“ auf lediglich einer langen Wand dicht an dicht von der Decke bis zum Boden und entwertete so die Rolle des Einzelbildes zugunsten des größeren Bildzusammenhangs. Die Kritikerin des renommierten US-Kunstmagazin Artforum sah hier einen „Vollprofi bis in die Fingerspitzen“ am Werk: „Seine Arbeiten entsprechen mit äußerster Eleganz und Präzision dem gesamten Lexikon, das wir heute mit uns führen, wenn wir uns Bildern nähern“.

Dass Merkels Bilder in der Ausstellung im Kunst Museum Winterthur der New Yorker Szene zugerechnet werden, ist nicht ohne Grund. Während mehrerer Aufenthalte dort hatte er dieMaler David Reed und Jonathan Lasker kennengelernt, mit denen er bis heute eng befreundet ist. Arbeitete sich die Malerei in Deutschland damals intensiv an der deutschen Geschichte ab, stand in den USA Ende der 1980er Jahre die Auseinandersetzung mit der Minimal Art und ihrem Hang zumSystematischen zurDebatte sowie die Appropriation Art als Kunst der Aneignung zwischen Kopie und Karaoke. Beides kam Merkels Interesse an der Malerei als einemSystemabstrakter Zeichen entgegen. Anfang der Neunziger beschloss er, alle seine seit 1988 entstandenen Bilder auf sieben großen Tafeln nebeneinander im Maßstab 1:10 noch einmal zu malen. Diese „Katalogbilder“ markierten einen Wendepunkt in Merkels Werk. Sie bildeten den Fundus, aus demer sich künftig bedienen sollte. Er begann, „Bildermit Bildern zumalen“.

Seither ist kein Bildmehr für immer im Archiv verschwunden, alle Motive sind prinzipiell zu jedem Zeitpunkt verfügbar. Sie wandern durch das Werk, sortieren sich zu immer neuen Clustern oder Ordnungen, ältere stehen neben jüngeren, ohne Hierarchie und auf Augenhöhe. Sie kommunizieren miteinander über die Zeiten hinweg. Manchmal lässt er auch Freunde wie aus einem Musterbuch Motive aus seinem Fundus wählen, die er dann auf der Leinwand als „Porträts“ arrangiert oder zu „Stacks“ stapelt.

„Meine Bildsprache bewegt sich in eigenen Systemen“, sagt Klaus Merkel, „sie kann einem formalen Plan folgen oder Abbild bereits gemalter Werke sein“. Wie er durch Wiederholung das Verhältnis von Bild,Original und Kopie in Malerei auflöst, macht seine Bilder überraschend vertraut und zugleich absolut gegenwärtig. Tatsächlichwirken viele seiner Leinwände wie Computerdisplays mit zahllosen geöffneten Fenstern, die in immer neuen Sets mögliche Werkzusammenhänge vorschlagen und den Spagat zwischen dem Akt des Malens und dem SystemderMalerei proben.

Vielleicht ist das einer der Gründe, weshalbMerkelsWerk derzeit auch international verstärkt von einer jungen Generation vonMalern und Kuratorenwahrgenommen wird, die seine Bilder auf Instagram teilen oder – wie zuletzt in einem Offspace in Los Angeles – für Ausstellungen zu aktuellen Themenwie das Verhältnis von Kunst, Wert und kollektivem Handeln anfragen.

Für KlausMerkel, der bis 2020 als Professor für Malerei an der Kunstakademie Münster lehrte und kürzlich seinen 70. Geburtstag feierte, ist das nicht nur eine schöne Bestätigung seiner Arbeit, sondern auch Anlass, das eigene Bildprogrammaus immer neuen Perspektiven zu reflektieren – und zu erweitern. Auf dem Arbeitstisch in seinem Freiburger Atelier liegen schon die korrigierten Skizzen für das nächste Bild.

12 March 2024

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