Rudolf Maeglin — Bau mir eine Welt
Die auf drei Basler Galerien verteilte Retrospektive des Malers Rudolf Maeglin ruft in Vergessenheit geratene Bilder hervor. Sie zeigen architektonische Stillleben, die sich in ihrer Gegenständlichkeit von der in ihrer Entstehungszeit dominanten abstrakten Formfindung abheben.
Basel — Rudolf Maeglin (1892–1971), geboren in Basel, studierte Medizin und arbeitete im Spital. 1919 beschloss er jedoch, Künstler zu sein, ging auf Studienreisen und war nach seiner Rückkehr 1927 als freischaffender Maler und Arbeiter auf dem Bau und in der chemischen Industrie tätig. Seine Malereien sprechen ihre eigene Sprache, lassen sich in kein kunsthistorisches Genre einordnen. In Kooperation der drei Basler Galerien Knoell, Nicolas Krupp und Mueller sowie dem Christoph Merian Verlag, der den begleitenden Katalog publizierte, entstand nun erstmals eine Schau, die einen Gesamtüberblick über das Werk des Künstlers gibt.
Neben seinen bekannten ‹Farbarbeitern› malte Maeglin viele Baustellen von realen Orten in Basel. Sie sind stets im Aufbau begriffen, bauen in die Zukunft. Die Szene ist dabei vorrangig idealistisch, dennoch sickert stets ein leises Ahnen hindurch, dass hier etwas nicht ganz stimmt. Der Architekt Emanuel Christ beschreibt in seinem Katalogtext die Atmosphäre in Maeglins Bildern als unheimlich, melancholisch. Das liege wohl am Stillstand im Bild. «Die Bewegungen des Bauablaufs sind auf der Leinwand wie erstarrt. (…) Es herrscht eine eigentümliche Ruhe.» Christ erscheint es so, als würden die Handwerker auf den Bildern eher dort beschäftigt sein, wo es für die Bildkomposition passte, als dass ihre Position einen Zweck im Bauvorgang erfüllte. Er spricht ausserdem von Maeglins Sehnsucht nach dem Unfertigen: Die Schönheit des Rohbaus ermögliche eine suggestive Offenheit, die seine Bilder ausmachten.
Später, im hohen Alter, malte Maeglin junge Menschen, die ihn im Atelier besuchten. Diese Fokussierung auf Personen brachte einen malerischen Zugewinn an Sinnlichkeit, Intimität und Nähe mit sich, der einen Kontrast zum Gefühl der leichten Befremdung seiner Baustellenbilder bildet. Die Porträts beweisen in lebendigem Ausdruck Maeglins Entwicklung in die neue Zeit. Trotzdem konnte seine Arbeit in der Kunstwelt zu Lebzeiten nicht so recht einen Platz behaupten, in der nun Positionen wie Christo, Niki des Saint Phalle und Beuys im Zentrum der Aufmerksamkeit standen.
1927 schrieb Maeglin von einer Reise durch Spanien und Frankreich dem befreundeten Künstler Daniel Hummel in einem Brief: «Ich wollte in letzter Zeit so viel malen, aber ich weiss nicht mehr, was ich malen soll. Seit ich in Mallorca war, scheint es mir, dass man die ganze Schöpfung malen müsste, aber es hängt davon ab, wie. Es gab eine Zeit, in der ich wusste, was ich malen will, aber nicht wie. Jetzt wüsste ich wie, aber nicht was. So ist die Welt.»