Blick auf den Transitbereich

by Annette Hoffmann
Basler Zeitung
31 January 2014
Deutsch

Das Künstlerpaar Studer/van den Berg stellt bei Nicolas Krupp ein neues Kunstprojekt vor

Basel. In seinem Essay «Nicht-Orte» hat der französische Anthropologe Marc Augé Stadtplanern, Architekten, aber auch Künstlern Anfang der 90er-Jahre prophezeit, zukünftig nach der Schönheit der Flughäfen, Bahnhöfe und Einkaufszentren zu suchen. Monica Studer und Christoph van den Berg sind diesem Ruf gefolgt. «Transit 504» heisst das neue Projekt des Basler Künstlerpaars,das einen Ort beschreibt, der nur dazu da ist, ihn zu verlassen.

Die Ausstellung in der Galerie Nicolas Krupp zeigt die endlosen Gänge, die Wartebereiche und Cafeterien eines Flughafens. Das Gepäck, das neben Hydrokulturinseln abgestellt wurde, ist da noch das Persönlichste, was in diese Welt Eingang gefunden hat. Innerhalb des Werkes von Studer/van den Berg könnte diese Arbeit selbst die Funktion eines Transits übernehmen.

Auf dem Etikett eines Gepäckstückes steht der Code VDA, er verweist auf das wohl bekannteste Kunstprojekt von Studer/van den Berg: das virtuelle Hotel Vue des Alpes. Andere Destinationen wären ebenso denkbar wie weitere Etappen der Reise. So wie ein reibungslos funktionierender Flughafenbetrieb auch immer sich selbst am Laufen hält, wären diesem internetbasierten Kunstprojekt keine Grenzen gesetzt.

Mehr als in ihren alpinen Landschaften korrespondiert die Oberfläche der virtuellen Welt von Studer/van den Berg mit der wirklichen, wie wir sie von Flughäfen kennen. Auf dem grossformatigen Inkjet-Print «Waiting Zone», der in diesem Jahr entstand, ist ein menschenleerer Wartebereich in cleanem Design abgebildet, der sich in der Spiegelung beinahe selbst aufzulösen scheint.

Die Tasche auf dem Boden wird ebenso wie die Lampen in der Fensterscheibe reflektiert, durch sie wiederum sieht man auf ganz ähnliche Lampen draussen. Es ist ein durch und durch künstlicher Raum, man wundert sich kaum, dass ein Transitlogo, auf dem Pfeile vom Globus in drei Richtungen weisen, auf der Tasche abgebildet ist.

Manchmal schimmert der Boden derart, dass man erkennt, man hat es eigentlich mit 3-D-Programmen, mit am Rechner zusammengesetzten Flächen zu tun. Alles bezieht sich hier auf sich selbst. Und wie in einem Videospiel springt der Sessel mit seinem braunen Kunstlederüberzug im Vordergrund beinahe dreidimensional dem Betrachter entgegen.

So unnahbar, so abwaschbar

Die laminierte Oberfläche der Inkjet-Prints trägt ihren Teil dazu bei, dass diese Welt so unnahbar, so abwaschbar wirkt. Und tatsächlich macht kaum ein anderer Ort den Menschen zum Passanten wie ein Flughafen mit seiner Architektur und seinem Leitsystem.

Obgleich andere Prints, etwa die Ansicht von breiten Autobahnfluchten mit Schildern, die zu «Transit 504» weisen, eine grenzenlose Mobilität suggerieren, probt die Arbeit den Stillstand. Nicht nur weil man die jeweiligen Bereiche, in die man etappenweise vorgelassen wird, von eigenen Flügen kennt und oft mit sinnlosem Warten verbindet, sondern auch weil die interaktive Arbeit dies imitiert. So kommt man an den immer gleichen Warteinseln vorbei, läuft an den gleichen weissen Wänden vorbei.

So wenig Action könnte sich kein Computerspiel leisten. Die Schönheit, die Augé an diesen Orten zu finden hoffte, hat wenig mit der Verheissung von Exklusivität und Luxus zu tun, sondern mit der Erfahrung von Raum und Zeit als Leere. Keine Erwartung an noch so spektakuläre Ferien oder einen Neuanfang an einem anderen Ort vermag dieses Vakuum zu füllen.

Cover Image: Im anonymen Raum. Der grossformatige Inkjet-Druck «Waiting Zone» des Künstlerpaars Monica Studer und Christoph van den Berg.